Vincent Van Goghs Sternennacht verewigt

Vincent Van Goghs Sternennacht verewigt

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Na wenn da das Date mal nicht aus allen Wolken fällt? Nach einer romantischen Radtour auf Roosegaardes Van Gogh-Path bestimmt! Bildquelle: https://www.flickr.com/photos/fvanoostrom/15754214689

Zusammen mit Ingenieuren hat der Designer Farben entwickelt, die tagsüber Sonnenenergie aufnehmen und speichern, damit sie nachts bis zu 10 Stunden von alleine Leuchten. Durch Eindhovens Vorort Nuenen schlängelt sich bereits der erste illuminierte Radweg, dessen buntes Farbenspiel an einen dichten Sternenhimmel erinnert. Nur das die Sterne im Boden stecken. Fairerweise wurde der Pfad nach dem Ideengeber Vincent Van Gogh benannt: Roosegaarde hat das berühmteste Gemälde des holländischen Künstlers – Sternennacht (niederländisch: De sterrennacht) – in einem Fahrradweg verewigt.

Doch Roosegaard will mehr rausholen aus seinen Farbenspielen. In Zukunft möchte der niederländische Designer elektrische Straßenbeleuchtungen obsolet machen und durch selbst leuchtende Pflanzen ersetzen. Wie das möglich sein soll? Die natürlichen Leuchtstoffe – sogenannte Luciferine – sollen mit Grünpflanzen gekreuzt werden. Luciferine sind in der Natur allgemein bekannt durch Glühwürmchen oder schillernde Quallen. Der Ästhetiker Roosegaard experimentiert derzeit in seinem Rotterdamer Studio an leuchtenden Zimmerpflanzen. Schlussendlich sollen selbst leuchtende Bäume eine elektrische Straßenbeleuchtung ersetzen.

Ästhetische Windräder bereichern die Landschaft

Die Mühlen von Kinderdijk: ein schönes Beispiel dafür, wie altes Kulturgut inspirierend auf neue Ideen wirkt. Bildquelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Kinderdijk

Wie bei seinem neuesten Projekt Windlicht steht die Ästhetik im Vordergrund. Die Unternehmung Windlicht sieht vor, die Schönheit von Windrädern in der holländischen Landschaft zu unterstreichen. Das Vorgehen folgt einer simplen Idee, auch wenn die technische Umsetzung alles andere als ‘simple’ ist. Eine spezielle Software und Tracking-Technologie verbindet die Rotoren der einzelnen Windräder mit grünen Leuchtbändern, die durch die Landschaft wabern. Der Künstler Roosegaarde hat sich von den Mühlen von Kinderdijk inspirieren lassen. Diese alten Windmühlen aus 1740er Jahren gehören zu den bekanntesten Sehenswürdigkeiten in den Niederlanden. Für Roosegaarde sind sie das beste Beispiel holländischer Innovationskraft! Nun gilt es, die Ästethik der neuen Technologie zu unterstreichen.

 

 

Let’s Dance

Warum nicht menschliche Energie nutzen? Das “Tanzen gehen” bekommt dadurch eine ganz neue Bedeutung. Bildquelle: https://www.flickr.com/photos/studioroosegaarde/2922364796

Roosegaardes Modell eines neuartigen Dance Floors erweist sich dagegen nicht zwingend schöner als herkömmliche Tanzflächen, aber dafür als nachhaltiger. Im Club WATT in Rotterdam erzeugen die tanzenden Gäste Strom. Winzige Stoßdämpfer unterhalb des Parketts fangen die Bewegungen der Tritte auf und generieren in der Summe eine Menge Energie. Der ausgepowerte Dancer hat nach einer langen Nacht also dazu beigetragen, ein kleines bisschen mehr grünen Strom zu produzieren.

 

 

Ein Smog-Ring zur Verlobung?

Apropos Nachhaltigkeit: Der Smog Free Tower aus dem Hause Roosegaarde stellt eine kleine Sensation dar. Dort wo der sieben Meter hohe Turm installiert wird, entsteht ein smogfreier Raum, der es seinen Besuchern erlaubt, reine Luft zu atmen. Die Technik ist an sich nicht neu: In Pekinger Krankenhäusern gehören solche Luftfilteranlagen zum Standard. Der Turm selbst absorbiert dreckige Stadtluft, filtert Staub und Rußpartikel heraus und spukt die saubere Luft wieder aus. Mittlerweile ging der Smog Free Tower auf Weltreise und reinigte die Luft in stinkenden Metropolen weltweit. Bis zu 720000 Kubikmeter Luft kann der Turm an einem Tag durchputzen. Der Clou dabei: aus den gefilterten Staub- und Rußpartikeln pressen Roosegaardes Mitarbeiter kleine (Diamant-)Steine, die mitunter auf Ringe gesetzt werden. Wer einen solchen Ring erwirbt, der spendet der Welt 1000 Kubikmeter saubere Luft!

Die Idee ist gewagt, aber besonders für Schmuck-Gegner eine mögliche Alternative, auf Diamanten zu verzichten. Bildquelle: https://en.wikipedia.org/wiki/Daan_Roosegaarde
Die Idee ist gewagt, aber besonders für Schmuck-Gegner eine mögliche Alternative, auf Diamanten zu verzichten.
Bildquelle: https://en.wikipedia.org/wiki/Daan_Roosegaarde

Ist diese Art von Verlobungsring nun Romantisch? Oder voll Öko? Oder gar beides? Die Frage muss wohl jeder für sich selbst beantworten, doch fest steht: Die Konzepte und Ideen des niederländischen Designers wirbeln althergebrachte Vorstellungen von Ästhetik und Technik gehörig durcheinander. Roosegaarde sagt ja selbst: “Nur unser Verlangen nach Schönheit wird den Planeten retten, sonst nichts.”

Kann Ästhetik die Welt auch nachhaltig bereichern?

Bleibt nur die Frage, ob seine Ideen nur zierendes Beiwerk in einer schöneren Welt bleiben, oder ob sie umstürzlerische Kräfte entfalten, die tatsächlich etwas zu der Rettung des Planeten beisteuern. Ideen wie der nachhaltige Dance Floor in Rotterdam werden das Energieproblem der Welt nicht lösen, auch wenn derartige Lösungen im Kleinen durchaus sinnvoll sein mögen. Roosegaarde ist nun mal Künstler. Viele seiner Projekte wie Dune, Lotus, Intimacy oder das im Titelbild illustrierte Waterlicht sind zugegebenermaßen ästhetisch hoch ansprechend, gerne auch innovativ aber eben nichts, was die Welt auf lange Sicht besser macht.

Seine Intimacy Kleidung, bei der die Art der sozialen Interaktion den Grad der Transparenz bestimmt, also darüber wieweit die Farbe die darunter liegende nackte Haut verdeckt, ist für Pariser und Mailänder Laufstege genau das Richtige, aber nicht zwingend für die Umwelt. Dune, eine Landschaft aus Technik, die mit Menschen interagiert, ist zwar etwas völlig neues, dient jedoch allein der Ästhetik. Doch wie gesagt: Roosegaarde ist Künstler – es liegt in seiner Natur, wenn man so will.

So gesehen ist es eher erstaunlich, dass seine Ideen und Konzepte rund um den Smart Highway, den Smog Free Tower, die leuchtenden Windräder und Van Gogh Path viel mehr bieten als reine Ästhetik, sondern ganz im Gegenteil: Damit beweist der Designer zumindest, dass der Dreiklang Sicherheit, Umweltschutz und Ästhetik zu einer höheren Melodie befähigt ist. Selbst wenn es keine farbigen Windräder bräuchte, so ist es dennoch nicht von der Hand zu weisen, dass die ‘lauten Ungetüme’ bei der Bevölkerung häufig auf Widerstand stoßen, besonders weil sie die schöne Landschaft verscherbeln würden.

Und hierbei will man dem Künstler schon recht geben. Was schön ist, zieht bei den Menschen. Also warum es nicht wagen, Umweltschutz mit Ästhetik zu verbinden? Roosegaardes Konzepte zeigen ganz deutlich, dass Nachhaltigkeit auch super sexy sein kann.

Ob es seine smarten Straßen und selbstleuchtenden Farben es jemals ins Register der Bundesanstalt für Straßenwesen schaffen und die steilen Hürden deutscher Bürokratie überwinden, steht auf einem anderen Papier. Bislang geht es auf deutschen Straßen da noch eher trostlos zu.