Reisen durch die Röhre: Der gehypte Loop

Ab durch die Röhre wie in Futurama. Natürlich hat Elon Musk seine Finger im Spiel, wenn es darum geht, uns die “fünfte Art zu reisen” schmackhaft zu machen. Doch was steckt hinter der Technik des Hyperloop und wird sie überhaupt jemals Realität? Der schweifende Blick aus dem Zugfenster wäre dann wohl für immer passé.

Dass sich im Herkules Trakt auf der Playa Vista in Los Angeles nur Großes abspielen kann, scheint dem titanischen Namen geschuldet zu sein. Immerhin wurden in dem stillgelegten Flugzeughanger testosterongeladene Hollywood Filme wie Transformers und Avatar mit zusätzlichen Szenen glatt geschliffen. Derzeit jedoch schleifen eifrige Studenten der University of Illinois und Wissenschaftler im Herkules Hangar an einer Technik, neben der selbst die Kräfte des Halbgottes verblassen: dem Hyperloop.

“Hyperloop”. Der Terminus verspricht nicht weniger als die Fortbewegung der Menschheit zu revolutionieren – und zwar mit der “fünften Art zu reisen”: Bislang konnte man per Schiff, Zug, Auto und Flugzeug reisen, doch nun besteigt man eine Kapsel, die mit mehrfacher Schallgeschwindigkeit durch einen Vakuumtunnel geschossen wird. Da hat doch jemand zu viel Futurama geschaut, oder etwa nicht? Die beliebte TV-Serie des Simpson-Schöpfers Matt Groening spielt um das Jahr 3000. Das menschliche Fortbewegen durch Röhren gehört dort zum Alltag, aber das Bereisen fremder Galaxien ebenso.

Dieser Elon Musk schon wieder

Derjenige, der zu viel Futurama geschaut hat – oder auch nicht –, heißt Elon Musk und er meint es ernst mit dem Hyperloop. Im August 2013 stellte der PayPal Gründer sein Konzept für ein neues Hochgeschwindigkeitstransportsystem der Öffentlichkeit vor. Im Sinne des Konzeptionisten Musk wurde aus der Idee ein regelrechter Contest, an dem sich mittlerweile mehrere Universitäten und Firmen beteiligen. Das neue Verkehrssystem wurde von Anfang an als Crowdsourcing-Projekt ausgeschrieben. Alle sollen Zugang dazu haben. Gemeinsam soll an jener Technik gefeilt werden, die uns in Zukunft durch die Rohrpost schickt.

Basierend auf den Ideen von George Medhurst sieht man hier eine zeitgenössische Radierung von 1867, die ein Modell von Alfred Ely Beach pneumatischer Vakuumbahn illustriert. Bildquelle: https://en.wikipedia.org/wiki/Pneumatic_tube
Basierend auf den Ideen von George Medhurst sieht man hier eine zeitgenössische Radierung von 1867, die ein Modell von Alfred Ely Beach pneumatischer Vakuumbahn illustriert. Bildquelle: https://en.wikipedia.org/wiki/Pneumatic_tube

Eine Idee, die Geschichte geschrieben hat

Eine Vision? Oder baldige Realität? Die Idee an sich ist jedenfalls nicht neu.

Hat nicht George Medhurst bereits im Jahr 1812 diesselbe Idee entworfen wie Musk? 1810 hatte Medhurst lediglich die Vision, Güter und Briefe ohne Luftwiderstand durch eine evakuierte Röhre zu befördern. Doch in seiner visionären Veröffentlichung von 1812 ging er noch einen Schritt weiter. Seine Denkschrift “Calculations and remarks tending to prove the practicability, effects and advantages of a plan for the rapid conveyance of goods and passengers upon an iron road through a tube of 30 feet in area by the power and velocity of air” drückt bereits im Titel aus, dass sich an der Innovationskraft dieser Idee auch 200 Jahre später nicht viel geändert hat. Immerhin soll der Musk’sche Hyperloop kostengünstig, energieeffizient, nachhaltig und schneller sein als alles andere. Raketen mal ausgenommen, aber welcher Städter von Welt reist schon regelmäßig mit Raketen?

Was ist dran an der Technik?

Wie dem auch sei, die brennendste Frage bleibt: ist das technisch überhaupt möglich? Es wird ja einiges verlangt. Die elektrisch angetriebenen Transportkapseln sollen schließlich Reisegeschwindigkeiten von bis zu 1500 km/h erreichen, während sie auf Luftkissen durch eine stark evakuierte Röhre rauschen. Warum eigentlich stark evakuiert? Durch das Herauspumpen von Luft aus einem Tunnel wird lediglich ein angenähertes Vakuum erzielt. Soll heißen: Eine Kapsel mit Passagieren oder Gütern schießt mit sehr hoher Geschwindigkeit durch eine fast luftleere Röhre.

Das Teilvakuum verhilft zu schnelleren Geschwindigkeiten mit weniger Energieaufwand. Der Rest der Luft wird unter den Schlitten gezogen. Auf diesem Luftpolster gleitet der Hyperloop mit Geschwindigkeiten bis zu 1500 km/h. Bildquelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Hyperloop
Das Teilvakuum verhilft zu schnelleren Geschwindigkeiten mit weniger Energieaufwand. Der Rest der Luft wird unter den Schlitten gezogen. Auf diesem Luftpolster gleitet der Hyperloop mit Geschwindigkeiten bis zu 1500 km/h. Bildquelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Hyperloop

Der Vorteil liegt klar auf der Hand. Wenn man in einem Vakuumtunnel ein Fahrzeug bewegt, erzielt man bei gleichem Energieaufwand eine wesentlich höhere Geschwindigkeit, da der Luftwiderstand viel geringer ist. Die Kräfte des Luftwiderstand sind nicht zu unterschätzen. Der Widerstand wächst quadratisch mit der Geschwindigkeit. Doppelt so schnell, heißt viermal so stark. Dreimal gleich Neunmal. Und so weiter. Man sieht das deutlich bei geläufigen Hochgeschwindigkeitseisenbahntunnel: Die Röhren weisen allein deshalb einen so großen Durchmesser auf, damit der Zug nicht die gesamte verdrängte Luft vor sich herzuschieben braucht.

Schon 1870 schaffte es die pneumatische Vakuumbahn von Alfred Ely Beach in die Presse: Sein Beach Pneumatic Transit war der erste (gescheiterte) Versuch, in New York eine U-Bahn zu bauen. Bildquelle: https://en.wikipedia.org/wiki/Alfred_Ely_Beach
Schon 1870 schaffte es die pneumatische Vakuumbahn von Alfred Ely Beach in die Presse: Sein Beach Pneumatic Transit war der erste (gescheiterte) Versuch, in New York eine U-Bahn zu bauen. Bildquelle: https://en.wikipedia.org/wiki/Alfred_Ely_Beach

Alles ist anders…

Was den Hyperloop betrifft, gibt es einige technische Hürden zu überwinden. Der Antrieb ähnelt zwar dem eines Transrapid, doch das unkonventionelle Design muss von der Pike auf erfunden werden:
Die Streckenführung ist eine andere.
Die Bauteile sind andere.
Die Gepäckaufbewahrung ist eine andere.
Die Art und Weise des Personentransports ist eine andere.
Hieraus erwächst das wohl größte Problem: Wie soll das Reisen im einem kleinen, engen, kubisch wirkenden Gefäß überhaupt bequem werden?

… aber immerhin 24/7

Die Architekten und Wissenschaftler der beteiligten Firmen und Universitäten müssen ihren Pioniergeist jedenfalls unter Beweis stellen. Was bislang zu sehen war, lässt immerhin hoffen. In der Theorie können die Züge nicht crashen. Immerhin. Die Fahrkarten würden wesentlich günstiger als bei Hochgeschwindigkeitszügen. Immerhin. Tickets sollen ca. 25 Dollar kosten für gewaltige Strecken in unfassbar kurzer Zeit. Immerhin. Von Downtown Los Angeles nach Downtown San Francisco – eine Strecke über 385 Meilen – in 30 Minuten. Immerhin. Eine Strecke so lang wie von Paris nach Amsterdam dreimal schneller als mit dem Flugzeug und 10 mal so schnell wie mit dem Auto. Immerhin.

Selbst die Energiebilanz scheint zu stimmen. In der Theorie werden die oben auf den Rohren angebrachten Solaranlagen mehr Strom produzieren, als die einzelnen Züge konsumieren. Der überschüssige Strom kann gespeichert werden, schließlich soll der Loop 24/7 laufen. In USA hat schließlich nichts eine Zukunft, das nicht 24/7 verinnerlicht. Der virtuelle Test am PC lässt hoffen, dass potenzielle Fahrgäste auch 24/7 bereitstehen. Der Komfort könnte ähnlich sein wie beim Autofahren. Natürlich aus rein mathematisch-theoretischer Perspektive: berechnet nach der Gravitationkraft, die auf eine Person wirkt. Beim virtuellen Testlauf konnten die Kotztüten zu Hause gelassen werden.

Der erste Test ohne Tunnel: der Antrieb funktioniert

Für den Antrieb sind keine Räder, Achsen, Antriebswellen oder Getriebe erforderlich. Der Zug schwebt auf einem magnetischem Feld. Die Geschwindigkeit ist von der Frequenz des Feldes abhängig. Bildquelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Transrapid
Für den Antrieb sind keine Räder, Achsen, Antriebswellen oder Getriebe erforderlich. Der Zug schwebt auf einem magnetischem Feld. Die Geschwindigkeit ist von der Frequenz des Feldes abhängig. Bildquelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Transrapid

Doch wie sieht es denn nun in der Realität aus? Das ist bislang schwer zu sagen. Auf seiner Teststrecke bei Las Vegas im US-Bundesstaat Nevada hat das Unternehmen Hyperloop One den Antrieb ihres zukünftigen Hyperloops erstmals getestet. Die Teststrecke blieb noch offen, der Schlitten fuhr noch auf Schienen, nicht auf Luftkissen. Im Test ohne Röhren erzielte der Probeschlitten immerhin knappe 260 km/h. Er durchfuhr 1000 Yards, also gute 900 Meter in 1,19 Sekunden. Seine Beschleunigung betrug 2 g. Zum Vergleich: Astronauten benötigen 3g, um die Erdatmosphäre zu verlassen. Ein Sportwagen, der von 0 auf 100 in ca. 3 Sekunden beschleunigt, entfesselt eine Gewichtskraft von ca 0,9-1 g, die auf den Fahrer wirkt. Wie auch immer: wenn die Rohre erst einmal da sind, sollen jedenfalls über 600 km/h drin sein. Das Fernziel ist noch höher gesteckt. Von 0 auf 600 km/h in nur 2 Sekunden. 900km/h Durchschnittsgeschwindkeit, 1200-1500 km/h Höchstgeschwindigkeit.

Warum der Hyperloop der Magnetschwebebahn überlegen sein soll, erfahrt ihr auf Seite 2.